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Studie: Finden Vegetarier Cultured Meat eklig?

Im Journal of Environmental Psychology ist jüngst ein Artikel erschienen, in dem sich die Autoren in drei Studien mit der Akzeptanz von Cultured Meat auseinandersetzen. Besonders interessant: Finden Vegetarier Cultured Meat eklig? Dieser und anderen Fragen rund um die Wahrnehmung von Cultured Meat sind die UCLA-Psychologen Daniel Rosenfeld und Janet Tomiyama nachgegangen. Und haben dabei durchaus überraschende Erkenntnisse gewonnen.

Cultured Meat: Finden Sie Cultured Meat eklig?

Die erste Studie, an der unter anderem 200 Vegetarier teilnahmen, befasste sich mit der Frage: „Finden Sie Cultured Meat zu eklig, um es zu essen?“ Dazu erhielten die Probanden zunächst eine Kurzbeschreibung von Cultured Meat: "Kultiviertes Fleisch wird aus tierischen Muskelzellen in Isolation gezüchtet, ohne dass Tiere gezüchtet werden müssen. Der weltweit erste Hamburger aus kultiviertem Fleisch wurde 2013 hergestellt. Derzeit ist kultiviertes Fleisch nicht öffentlich erhältlich, obwohl es wahrscheinlich in naher Zukunft verfügbar sein wird."

Gewisse Ressentiments herrschten in beiden Gruppen – Fleischesser und Vegetarier. Und selbstverständlich war die Ablehnung unter den Vegetariern größer. Aber doch nicht ganz so hoch wie erwartet. Lediglich 55 Prozent der Vegetarier empfanden Cultured Meat als zu eklig, um es zu probieren.

Cultured Meat: Finden Sie Cultured Meat zu authentisch oder zu wenig authentisch?

Im nächsten Schritt wollten die beiden Forscher herausfinden, woher die Ablehnung der beiden Parteien rührt. Logischerweise in der Annahme, dass sich die Gründe unterscheiden. Bei den Fleischessern lag die Vermutung nahe, dass sie Cultured Meat ablehnen, weil sie – ohne es probiert zu haben – davon ausgehen, dass das Laborprodukt unnatürlich sei, sich also zu sehr von herkömmlichem Fleisch unterscheide. Bei den Vegetariern ging man davon aus, dass Cultured Meat herkömmlichem Fleisch zu ähnlich sein könnte.

Um diese Hypothesen zu verifizieren, wurden je neue 300 Fleischesser und Vegetarier rekrutiert. Die Teilnehmer bekamen zunächst dieselbe Beschreibung wie in der ersten Studie zu lesen und füllten anschließend Skalen zu drei Themen aus: Unnatürlichkeit (3 Stufen), Erinnerung an Tiere (5 Stufen) und Ekel (7 Stufen).

Die Ergebnisse waren überraschend: Sowohl Fleischesser als auch Vegetarier, die sich Cultured Meat besonders unnatürlich vorstellen, empfanden tendenziell größeren Ekel. Was die Fleischesser angeht, durchaus nachvollziehbar. Mit Blick auf die Vegetarier mehr als unerwartet.

Weniger überraschend sind die Erkenntnisse aus Teil 2 der Befragung: Die Möglichkeit, dass Cultured Meat dem Fleisch echter Tiere sehr ähneln könnte, löste bei den Vegetariern mehr Ekel aus als bei den Fleischessern.

Cultured Meat: Die Wahrnehmung tierischen Ursprungs

Das Ergebnis aus Studie zwei veranlasste die Forscher zu der Annahme, dass der Hinweis auf die tierische Herkunft von Cultured Meat unter Fleischessern und Vegetariern unterschiedliche Reaktionen auslösen würde. Auch für diese Hypothese designten Rosenfeld und Tomiyama eine Studie mit neuen Teilnehmern.

300 Fleischesser, 300 Vegetarier, jeweils 150 in der Studiengruppe sowie 150 in der Kontrollgruppe. Letztere bekamen den Absatz aus Studie 1 zu lesen, die Studiengruppe dagegen erhielt folgende Info: "Kultiviertes Fleisch ist zu 100 Prozent reines Tierfleisch, daher fühlt sich der Verzehr eines Hamburgers aus kultiviertem Rindfleisch so an, als würde man etwas essen, das direkt von einer Kuh stammt. Jedes einzelne Stückchen kultivierten Fleisches stammt vollständig von einem lebenden Tier." Anschließend füllten alle Probanden die siebenstufige Ekel-Skala aus Studie 2 aus.

Das Ergebnis entsprach den Erwartungen: Die Vegetarier in der Behandlungsgruppe ekelten sich mehr vor der Aussicht auf kultiviertes Fleisch. Im Gegensatz dazu war der Ekel bei den Fleischessern geringer.

Cultured Meat und das Tier-Erinnerungs-Paradoxon

Die Ergebnisse dieser Studien legen ein Paradox nahe. Werbekampagnen, die die Ähnlichkeiten zwischen kultiviertem Fleisch und dem Fleisch echter Tiere betonen, könnten die Bereitschaft von Fleischessern erhöhen, kultiviertes Fleisch auszuprobieren und damit letztlich das Leben von Milliarden von Tieren zu retten. Gleichzeitig würde ein Marketing, das an Tiere erinnert, wahrscheinlich die Attraktivität von kultiviertem Fleisch für Vegetarier und Veganer verringern - die immerhin 84 Prozent der Vegetarier und Veganer kehren schließlich zum Verzehr von Tieren zurück.