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Der Ukrainekrieg und die Lebensmittelindustrie

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Seit Ende Februar 2022 tobt in der Ukraine ein blutiger Kampf gegen eine russische Invasion. Die langfristigen wirtschaftlichen Folgen sind bisher kaum abzuschätzen, werden sich mit weiterer Dauer der Kämpfe aber zunehmend

verschärfen. Schon jetzt sind Auswirkungen bei den Preisen für Öl, Gas sowie den entsprechenden Folgeprodukten spürbar. Doch auch im Bereich der Lebensmittel sind erste Auswirkungen spürbar.

Kriegsauswirkungen

Die Ukraine ist bekannt als die Kornkammer Europas. Etwa 9 % der weltweiten Weizenexporte stammen aus der Ukraine, die global betrachtet Platz 5 der größten Exporteure einnimmt. Platz eines der Weizenexportländer hatte bisher Russland inne, welches aber den Export vorerst bis Juni auf wenige verbündete Staaten reduziert hat. Die Ukraine kann noch begrenzt Weizen und anderes Getreidearten liefen, jedoch könnte kriegsbedingt die komplette Anbausaison 2022 ausfallen. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Kontext auch die Hafenstadt Odessa, mit seinem für jeglichen Fernexport wichtigen Hafen. Sollte dieser durch den Krieg stark beschädigt werden, könnten die Exportfähigkeiten der Ukraine auf lange Sicht stark beeinträchtigt sein. Während Europa mit teilweise steigenden Lebensmittelpreisen und durch Panikkäufe verursachten leeren Sonnenblumenöl-Regalen reichlich glimpflich davon kommt, steht für importabhängige Länder, insbesondere in Afrika, im wahrsten Sinne des Wortes das Überleben auf dem Spiel. Der Krieg wird dadurch noch für zahlreiche indirekte Tote sorgen.

Auch Fleisch und Fisch betroffen

Die insgesamt zu erwartenden steigenden Weizen- und Getreidepreise könnten sich auch steigernd auf die Kosten der Fleischproduktion auswirken, da sich die Preise für Futtermittel direkt (wenn Getreide verfüttert wird) oder indirekt (wenn statt anderer Futtersorten auf Weizen und Getreide für den menschlichen Konsumenten umgestellt wird und es zu einer Verknappung an Futtermitteln kommt) erhöhen könnte. Während sich die Auswirkungen beim Fleisch erst noch zeigen werden, so sind beim Fisch bereits konkrete Folgen erkennbar. Russland zählt zu einem der großen Exporteure für Alaska-Seelachs, welcher jetzt in immer kleineren Mengen seinen Weg auf die Teller westlicher Konsumenten findet. In den USA bangen erste Lebensmittelversorger darum, ihre vereinbarten Mengen an Fischstäbchen und anderen preiswerten Fischprodukten liefern zu können - es fehlen schlicht und einfach die Rohstoffe im Form von Alaska-Seelachs. Gleich zu Beginn des Krieges wurde in Kiew ein Lagerhaus der Universal Fish Company - einer der größten Verarbeiter von Fisch und Meeresfrüchten in Osteuropa - zerstört, inklusive ca. 4000 Tonnen Fisch. Beides verknappt - zumindest im Westen - die verfügbare Menge an Fisch.

Kaum verfügbare Alternativen beim Fisch

Beim Fisch wird es schwer werden, den skizzierten Rückgang anderweitig abzufangen. Die Meere geben aufgrund von Überfischung und klimawandelbedingten Veränderungen nicht mehr her, im Gegenteil, zahlreiche Fischbestände stehen vor dem Kollaps. Aquakulturen wiederum benötigen Futtermittel und stehen damit vor den gleichen Problemen wie die Nutztierzucht. Mit Cultured Meat und Cultured Fish stehen sinnvolle Alternativen in den Startlöchern. Der kultivierte Fisch könnte sich in den kommenden Jahren zum Retter der Meere entwickeln und die große Leere in den Ozeanen verhindern. Kultiviertes Fleisch wiederum kann dazu beitragen, ressourcenschonend die weltweit steigende Nachfrage nach Fleisch zu decken. Im Kontext des Krieges könnten beide Technologien einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und -unabhängigkeit leisten.