Während Cultured Meat in ersten Ländern - u.a. Singapur - bereits zugelassen ist, sieht es auf dem europäischen Kontinent bisher mager aus. Eine Initiative der Dachorganisation Cellular Agriculture Europe soll dies nun ändern und zumindest perspektivisch den Markteintritt ermöglichen und das kultivierte Fleisch auch für den Endverbraucher zugänglich machen.
Überwiegend Neuland in Europa
Bis auf zaghafte Versuche in den Niederlanden gibt es in Europa bisher keine Aktivitäten, kultiviertes Fleisch für die breite Masse an Verbrauchern zuzulassen. Und das, obwohl in Europa mehr als 20 Unternehmen aus 8 Ländern an Produkten für diesen Zukunftsmarkt arbeiten. Einige dieser Unternehmen haben sich in der Cellular Agriculture Europe zusammengeschlossen. Die Organisation plant nach Aussage ihres Präsidenten Robert Jones noch dieses Jahr einen ersten Antrag bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) einzureichen. Cultured Meat fällt in Europa in den Geltungsbereich der EU-Verordnung über neuartige Lebensmittel. Bis die Zulassung final erfolgt, kann noch einige Zeit vergehen. So ist noch nicht bekannt, welche ernährungswissenschaftlichen und toxikologischen Nachweise überhaupt erbracht werden müssen. Dennoch stellt das Vorhaben einen wichtigen Schritt auf dem Weg auf den Teller des Konsumenten dar.
Schlüsseltechnologie beim Kampf gegen den Klimawandel
Kultiviertes Fleisch wurde in dem dieses Jahr veröffentlichten Bericht des IPCC zur Klimakrise als eine der Schlüsseltechnologien bei der Verringerung der CO₂-Emissionen bis 2030 im Bereich der Lebensmittelindustrie hervorgehoben. Dass Cultured Meat einen deutlich geringeren CO₂ Fußabdruck hat als konventionell erzeugtes Fleisch, wurde vor Kurzen erneut in einer Studie des Forschungs- und Beratungsunternehmen CE Delft bestätigt. Laut Robert Jones wird der Effekt nochmal verstärkt, wenn bei der Erzeugung von Cultured Meat erneuerbare Energien zu Einsatz kommen und zeigt auf, dass der CO₂ Ausstoß um bis zu 93 % niedriger ausfallen kann.
Kritische Stimmen
Die Entwicklung ruft aber auch kritische Stimmen hervor, wie beispielsweise in einer vom IPES-Food veröffentlichten Studie. Hierbei wird jedoch weder die Technologie an sich, noch die positiven ökologischen und gesundheitlichen Aspekte infrage gestellt, sondern vielmehr das Augenmerk darauf gelegt, dass bereits jetzt große Unternehmen aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie - u. a. JBS, Cargill und Tyson - ein interessiertes Auge auf die Branche geworfen haben und alte Probleme, wie beispielsweise die durch die Dominanz weniger Megakonzerne mit bedingte Verbreitung hoch verarbeiteter Lebensmittel sowie wenig nachhaltiger Produktionsmethoden weiter fortgesetzt werden könnte.
Fazit
Die Initiative der Cellular Agriculture Europe ist ein wichtiger Schritt, um zu verhindern, dass Europa bei der Weiterentwicklung von Cultured Meat nicht ins Hintertreffen gerät. Ob sich die etablierten Konzerne an ihrer Marktstellung halten können, oder ob innovative Start-ups als Disruptoren wirken und bisherige Systeme aufbrechen, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Durch eine breit angelegte öffentliche Finanzierung für Forschung und Entwicklung im Bereich Cultured Meat durch EU Institutionen, könnten diese einen Beitrag zu einem funktionierenden Markt mit vielen konkurrierenden Unternehmen leisten und verhindern, dass am Ende "Proteinmonopole" entstehen.