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Rindfleisch und der Regenwald

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Rindfleisch und Brasilien gehören instinktiv zusammen. Immerhin zählt Brasilien zum weltgrößten Exporteur von Rindfleisch. 2022 waren es ca. 2.950.000 Tonnen Schlachtgewicht, für das Jahr 2023 wird ein leichter Anstieg erwartet. Entsprechend müssen Millionen von Rindern gehalten werden und diese benötigen wiederum große Weideflächen.

Dass die Rinderzucht an sich ökologisch generell nicht sonderlich gut weg kommt, ist bekannt, in Brasilien wird sich jedoch ergänzend dazu sofort der Verdacht von zur Weideflächengewinnung abgeholzter Regenwälder aufdrängen. Die brasilianische Fleischindustrie hat sich daher verpflichtet, Farmen zu meiden, die im Verdacht stehen, mit Abholzung von Regenwäldern in Verbindung zu stehen. Der Einzelhandel hierzulande weist nicht selten auf Nachhaltigkeitsvereinbarungen hin und dürfte aufgrund des seit Anfang 2023 geltenden Lieferkettengesetzes auch rechtlich an Mindeststandards gebunden sein.

Bedenkenloser Rindfleischkonsum?

Daher könnte der geneigte Verbraucher zum Schluss kommen, dass an sich nichts gegen den Konsum brasilianischen Rindfleisches sprechen könnte. Doch leider weit gefehlt! Aufwändige, unter Beteiligung des Guardian angestellte Nachforschungen zeigen auf, dass in nur sechs Jahren mehr als 800 Millionen Bäume im Amazonas-Regenwald abgeholzt wurden, um den weltweiten Appetit auf brasilianisches Rindfleisch zu stillen. Kurz zusammengefasst ergaben Satellitenauswertungen, dass es bei Ranches in der Nähe von Schlachthöfen zu erheblichen Abholzungen gekommen ist – der Recherche ergab eine Fläche von 1,7 Millionen Hektar in den Bundesstaaten Mato Grosso, Pará und Rondônia (insgesamt ist also von einer noch größeren Fläche auszugehen). Um dem Rindfleisch dennoch einen sauberen Touch zu geben, gehen die Rechercheure davon aus, dass eine regelrechte „Rinderwäsche“ stattfindet, sprich: Tiere von „schmutzigen“ – also mit Abholzung arbeitenden – Farmen werden vor der Schlachtung in „saubere“ Farmen überstellt und von dort in die Schlachtbetriebe geliefert. Die Produzenten und Händler wissen um den zunehmenden kritischen Blick der Käufer und versuchen so potenzielle Kaufhindernisse zu verbergen. Immerhin handelt es sich um einen Milliardenmarkt.

Zukunft der Nutztierzucht

Wie sich die Zukunft der Nutztierzucht entwickeln wird, lässt sich im Detail nur schwer prognostizieren. Doch drei Faktoren werden einen sich verengenden Weg vorgeben: die Zunahme der Weltbevölkerung, die damit verbundene, aber auch unabhängig davon steigende Nachfrage nach Proteinen sowie der Klimawandel. Während also die Nachfrage nach Proteinen steigen wird, wird die sich mehr und mehr abzeichnende Klimakrise klassische Nutztierhaltung in vielen Regionen der Welt teurer (auch da auf den weniger werden Nutzflächen auf pflanzlicher Basis mehr Kalorien „angebaut“ werden können) bis unmöglich machen. Das Jahr 2022 hat hierzu schon eindrucksvoll Beispiele geliefert.

Auch speziell für Brasilien sehen die langfristigen Prognosen wenig berauschend aus. Eine Publikation des Weltwirtschaftsforums aus dem Jahre 2018 warnt davor, dass bis 2075 95 % des Regenwaldes zerstört sein könnte. Neuere Zahlen deuten auf noch mehr Abholzung, zunehmende Waldbrände und einen sich generell verschlechternden Zustand hin.

Man könnte jetzt davon ausgehen, dass ohne den Wald reichlich Weideflächen entstehen würden. Was auch stimmt – allerdings nur temporär. Ohne die dichte Vegetation wird der Boden im wahrsten Sinne des Wortes vom Regen weggespült. Das Land wird zur Steppe oder Wüste und ist nicht mehr für die Rinderzucht zu gebrauchen.

Kein Fleisch mehr auf dem Teller?

Kein Fleisch ist auch keine Lösung – das wird der eine oder andere Leser sicher einwenden, auch wenn der Umstieg auf pflanzliche oder andere alternative Proteine (wie beispielsweise Insekten) ökologisch betrachtet sicherlich sinnvoll wäre. Dass das klassische Fleisch aus den genannten Gründen, aber auch aufgrund der hohen externen Kosten, teurer werden wird, ja muss, scheint unausweichlich zu sein.

Cultured Meat kann bei entsprechender Skalierung daher eine sinnvolle und nachhaltige Lösung sein, um den Fleischkonsum ökologisch sinnvoll und auch in Zukunft ökonomisch erschwinglich zu ermöglichen. Es hängt jetzt an den Regierungen, die richtigen Weichen für einen breiten Markteintritt zu stellen und im zweiten Schritt am Verbraucher, diese technologische Lösung auch anzunehmen.